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Wie sie die Jahre zählen...
Selbst eine besondere Zeitrechnung gehört zum schlaraffischen Spiel:Während die „Profanen“ (Nicht-Schlaraffen) ihre Zeitrechnung mit christlichem Maßstab messen („n. Chr.“ oder „A. D.“), orientieren sich die Schlaraffen am Gründungsjahr ihrer Vereinigung. Zufolge Beschluß des V. Concils zu Vindobona am 2.6. des Ostermonds 1898 fällt das Jahr 1 der schlaraffischen Zeitrechnung auf die erste Winterung Allmutter Pragas, profan 10.10.1859 bis 30.04 1860. Der Jahreszahl sind die Buchstaben a. U. (anno Uhui) vorgesetzt. Demzufolge schreibt man 2013 bei Schlaraffen als Jahr a.U.154.
Wie man sie erkennt...
Wer sie sind...
Von der Idee erfasst sind Männer aller Berufe, nach wie vor viele vom Theater, solche, die Musik von Berufs wegen oder als Amateure kaum weniger gewissenhaft und zum Genuss ihrer Freunde betreiben. Viele andere finden mit Prosa oder Reim ein Podium, irgendwie kann sich jeder nützlich machen - und sei es mit aufmerksamem Zuhören. Man singt einzeln oder gemeinsam aus dem umfangreichen schlaraffischen Liederbuch. Jeder gibt, was er kann. Keiner muss, doch jeder darf, wenn er will. Erstaunlich, was in manchem an Geist und Witz schlummert, zu bestimmten Themen geweckt wird. Es gehört wohl zum spezifischen Wert dieses Bundes, jeden zu sich selbst zu führen. Doch es wäre kein Spiel von Rittern, würde nicht Respekt gezollt, Disziplin geübt, Schmach im spaßigen Duell gesühnt. Und wie hinter den Namen, Titeln und Orden, es steckt selbst im Spiel der sinnvolle ernste Kern. Trotzdem: Politik, Geschäft und Religion sind bei den Schlaraffen keine Themen. Sie lassen diese außen vor, um Spannungen zu vermeiden und der versprochenen Toleranz gerecht zu werden. Das Erzählen sogenannter Männerwitze ist ebenso unerwünscht. Sie pflegen auch kein soziales Hobby. Sie sind sich einfach selbst genug. Es ist auch nicht so, dass jeder Beruf nur einmal vorkommen dürfte.
Obwohl sie sich selbst mitunter Ritter der Romantik nennen, betreiben viel dieses Spiel wohl ganz bewusst: als Methode gegen Stress und Frust. Wen wundert es da noch, dass ernsthafte Statistiker nachwiesen, die Lebenserwartung von Schlaraffen sei um etwa fünf Jahre höher als die anderer Männer! Daran, dass sie ein eigenes Hilfswerk, eigene Sterbekasse besitzen, kann´s doch nicht liegen....
Wie sie das schlaraffische Spiel betreiben…
Die vier Elemente des schlaraffischen Spiels
1. Gegenseitiges Geben und Nehmen
2. Das Ritterspiel und seine Spieler
3. Kunst und Humor
4. Das Hochhalten der Freundschaft
1. Gegenseitiges Geben und Nehmen
In der Sippung hat jeder die Möglichkeit sein Steckenpferd zu reiten oder sonstige Begabungen ins Spiel zu bringen. Jeder der Lust hat, der es sich zutraut oder der sich entsprechend vorbereitet hat, geht in die Rostra, zeigt seine Malerei, macht Musik, singt, trägt etwas vor, meldet sich zu Wort, um Beiträge anderer zu kommentieren, hält Vorträge über ein interessantes Wissensgebiet oder erfreut auf andere Weise die Sassen und erweitert so deren Geist und Wissen und erfreut ihr Gemüt. Kleinere Beiträge können auch vom sesshaften Platz (sitzend vom Platz am Tisch) aus gebracht werden. Dabei werden Themen der Bereiche Politik, Religion oder Geschäft ausgespart. Außerdem werden Zoten nicht toleriert.2. Das Ritterspiel und seine Spieler
Dieses gegenseitige Geben und Nehmen wird nun in einen zweiten Spielbereich eingebunden:Das Rittertum, oder genauer gesagt, seine Parodie.
Um das Spiel zu verstehen ist die Kenntnis über den Werdegang zum Ritter unerlässlich.
Zur Gründungszeit der Praga Mitte des 19. Jahrhunderts herrschte in der deutschen Bürgerschaft eine große Begeisterung für das scheinbar romantische Mittelalter, speziell für die Ritterzeit. Da lag es nahe, sich aus den damaligen Ritualen zu bedienen. Auch die Lust zur Persiflage wird hierbei eine Rolle gespielt haben; die schlaraffischen (Pseudo-)Würden und ihre devote Verehrung lassen sich leicht dazu benutzen, die unbeliebten Obrigkeiten in der Profanei (Nichtschlaraffische Welt) zu verhöhnen. Die Urschlaraffen nannten sich zunächst nicht Ritter. Es war eine allmähliche Entwicklung, die dazu führte, sich in das romantisch verklärte Mittelalter Kaiser Maximilians I., des letzten Ritters, hinein zu versetzen.
Diese Entwicklung führte dazu, dass
- die Schlaraffen heute in Burgen sippen,
- sie eine Rüstung tragen,
- sie eine pseudo-mittelalterliche Sprechweise annehmen,
- einige der Zeremonien pseudo-mittelalterlichen Charakter haben, z.B. der Ritterschlag,
- sich ein gravitätische-gespreiztes Hofzeremoniell entwickelte,
- die Romantik des Mittelalters adaptiert wurde,
- der "Blauen Blume der Romantik" in vielen Reychen übertrieben gehuldigt wird,
- durch dieses Rittertum die Spiel-Hierarchie Knappe - Junker - Ritter entstand.
3. Kunst und Humor
Die Pflege von Kunst und Humor ist Satzungsbestandteil der Schlaraffia und sorgt für Niveau in den SippungenManchmal bestimmt es auch das Thema der Sippung. Viele Sippungen werden unter ein bestimmtes Thema gestellt.
Da diese Themen schon lange vorher bekannt sind, kann sich jeder - aktiv oder passiv - darauf vorbereiten.
Durch dieses Element Pflege von Kunst und Humor wird jedes Schlaraffenreych zum Schlaraffenland des Geistes.
Jedes Reych hat die Möglichkeit, bedeutende verstorbene (in Ahalla weilende) Männer aus Kunst und Wissenschaft zu Ehrenschlaraffen zu erküren. Das Reych verpflichtet sich damit gewissermaßen, das künstlerische und gedankliche Erbe des Erwählten zu pflegen.
Das schlaraffische Spiel würde allein mit den drei Elementen Geben und Nehmen der Sassen in einem Ritterspiel, unter strikter Pflege von Kunst und Humor keinen Bestand auf Dauer haben, käme nicht das vierte Element hinzu:
4. Das Hochhalten der Freundschaft
Dieses wichtige Element des schlaraffischen Spiels war in den ersten Satzungen der Praga noch nicht vorhanden und wurde erst einige Jahre später aufgenommen. Das hing wohl damit zusammen, dass die Urschlaraffen ohnehin freundschaftlich miteinander verbunden waren, und ein solcher Passus im Gesetzeswerk sich nicht anbot.Die Freundschaft wurde als eine enger verbindende Klammer aufgenommen, als einige der Gründer in andere Gemarkungen wegzogen und neue Ritter hinzukamen und neue Reyche gegründet wurden.
Das war damals kein bewusster Vorgang, aber er hatte entscheidende Auswirkungen. Er verlieh der Schlaraffia Dauer und machte Allschlaraffia erst möglich.
Nachfolgend die Gründe:
- Die Vorträge und Fechsungen in den Sippungen wurden ja bald überwiegend von Nicht-Künstlern, also Amateuren, vorgetragen oder auch gedichtet, komponiert, gemalt usw.
Dadurch ist das Niveau der einzelnen Beiträge unterschiedlich - im Vortrag und im Inhalt bzw. Gehalt.
Die Zuhörer, also die anderen Sassen, empfinden das Gebotene ebenfalls unterschiedlich, teils gut, teils schlecht, was auf die Leistungen der Profi-Künstler natürlich ebenfalls zutrifft. - Nun verhindert die dank Uhu vorhandene Freundschaft, die man dem Vortragenden entgegenbringt, dass abfällig geurteilt wird:
Beifall gibt es für den Versuch - gleich, ob geglückt oder nicht geglückt - nicht nur für das Ergebnis. Das macht natürlich Mut, auch einmal in die Rostra zu gehen, selbst auf die Gefahr hin, sich zu blamieren. - Jeder Schlaraffe kann jederzeit in die Sippungen jedes Schlaraffenreyches im Uhuversum einreytten und ist gewiss, als guter Freund empfangen zu werden. Das schafft eine starke Bindung aller Schlaraffen untereinander.
Der Spiegel schreibt als einen der Hauptgrundsätze schlaraffischen Wesens die Hochhaltung der Freundschaft vor:
Das Reych in seiner Gesamtheit bringt jedem neuen Mitglied offene Freundschaft entgegen. Diese Freundschaft umfasst den Einzelnen wie eine Aura, integriert ihn ins Reych.
Dieses Vorhandensein einer Art schlaraffischer "Grundfreundschaft" ist die Basis für das Entstehen persönlicher Freundschaften der Sassen untereinander. Dadurch - und durch die weisen Eintrittsvoraussetzungen des Spiegels, die eine menschlich positive Auslese bewirken - ist es jedem möglich, fast allen anderen Schlaraffen in irgend einem Grad Freund zu sein.
Allerdings wäre es denkbar, dass man Schlaraffen begegnet, denen gegenüber es schwer fällt, freundschaftliche Gefühle zu entwickeln. Oder aber es geschieht innerhalb oder außerhalb der Schlaraffia irgendetwas, das die bisher freundschaftlichen Bande mit einem anderen Sassen zerreißt oder gar nicht erst möglich macht.
Dann zeigt sich die Stärke der allgemeinen schlaraffischen Bindungen. Der Respekt vor dem Spiegel und die hohe Toleranzschwelle in Schlaraffia machen es möglich, auch in diesen Fällen miteinander zu spielen.
Die Freundschaft hoch zu halten ist ein hohes Ziel, das gleichzeitig der Weg zum Ziel ist. Es gibt keinen Endpunkt, der es uns erlaubt, die Bemühungen einzustellen. Das Ziel Freundschaft muss immer wieder, Tag für Tag, angestrebt werden. Es ist ein nie endender Weg.